Juni 2007
Man kennt das: sieht eine Platte, findet sie von ihrer Aufmachung her mehr oder minder Interessant und wirft sie ins Laufwerk. Tja, und dann haut einen der Sound um. So erging es mir mit Steel Dawn und ihrer neuen Platte „(R)Excuse me!“. Deshalb ließ ich es mir auch nicht nehmen, dem Bandvater Ralf Bethke mit einigen Fragen zu löchern.
Hallo Ralf,
Danke, dass du dir die Zeit nimmst, ein paar Fragen zu beantworten.
Hallo Annika, danke für Dein Interesse an Steel Dawn!
Könntest du euch bitte den Leuten vorstellen, die euch noch nicht kennen?
Klar, mach ich gerne.
Also unsere Wurzeln reichen zurück bis in das Jahr 1990, als Iggo und ich gemeinsam in einer Combo namens G.Tario spielten. Als Ursin, der damalige Bandleader und Bruder von Iggo ausstieg, fragte ich Iggo was er von einer komplett neuen Band halten würde. Er war sofort dafür und so gründeten wir 1992 Steel Age Dream. G.Tario war eigentlich nie mein Ding, aber die Jungs waren super drauf, deshalb blieb ich bei dieser Formation bis die Zeit die Dinge von alleine regelte.
Wie seid ihr zusammen gekommen?
Wie ich eben schon erwähnte. Wir haben dann natürlich nach einer passenden Besetzung gesucht und sie auch ziemlich schnell gefunden. Überhaupt ging damals alles sehr schnell Berg auf mit uns, denn 2 Jahre später hatten wir bereits das Album „Mirror Images“ released, und waren mit Warrant auf Deutschlandtour. In Japan waren wir unter den ersten 10 der Importcharts und wir warteten berechtigter Weise auf eine Japan-Tournee. Es schien alles perfekt zu laufen. Bis der Geschäftsführer unseres damaligen Labels Long Island urplötzlich verstarb, und sich die Company nicht länger am Markt halten konnte.
Warum habt ihr eure Band Steel Dawn genannt? Hat dieser Name eine spezielle Bedeutung?
Nun, wir fanden Steel Age Dream einfach zu lang. Über das „Steel“ waren wir uns jedoch einig, das sollte so bleiben.
Ich war damals aus mir unerklärlichen Gründen ein ziemlicher Endzeitfanatiker. Die Idee von Freiheit und Abenteuer steckte wohl ein wenig dahinter. Ich wollte, daß der Name etwas in dieser Art ausdrückt. Jeder hat dann seine Vorschläge in einen Topf geworfen ohne zu wissen, welcher Name wessen Idee war. Dann haben wir schlicht abgestimmt. Steel Dawn war eigentlich der Vorschlag meiner damaligen Freundin mit der ich jetzt verheiratet bin. Allerdings nicht deshalb..:-)
Sie verwaltet heute Tonnenweise Material und Andenken der Band, und hat auch diesen Stimmzettel noch in der Truhe liegen.
Reden wir mal etwas über euer Album:
Was hat es mit dem Titel „(R)Excuse me…!“ auf sich?
Ich rege mich immer wieder über so genannte Manager auf, die eigens dafür eingestellt werden Firmen und ganze Konzerne zu ruinieren. Meist nennt man das ja dann „Rationalisieren“. Unter dem Strich ist dann häufig der Konzern am Ende, wird von einem anderen aufgekauft und es bleiben nur eine Menge Arbeitslose zurück, deren Familien an der finanziellen Not zugrunde gehen. Von den Verantwortlichen hört man dann besten Falles „Das tut mir zwar leid, ist aber nicht meine Schuld!“. Dann gehen sie zu dem nächsten Unternehmen oder kaufen sich von den Millionen die sie für Ihre Schweinerei bekommen haben eine Finka auf Mallorca und setzen sich zur Ruhe. Das passiert in Deutschland täglich und es läuft in der Politik für meine Begriffe nicht anders ab. Genau diese Menschen erheben sich wie die Schlange auf unserem Cover aus der Asche die sie hinterlassen, und stehen Dir trotz allem aufrecht gegenüber als wäre nie etwas geschehen das sie zu verantworten hätten. Boahh..da wird mir immer wieder schlecht!!
Aus diesem Gedanken heraus entstand „The Trigger“ und der Name des Albums: Rex=[lat. König verbunden mit „excuse me!“. Ein Wortspiel also.
Worauf beruhen die Texte?
Im Grundsatz nur auf persönlichen Ansichten und Erfahrungen. Ich könnte zu jedem Song den ich gemacht habe eine kleine Geschichte aus meinem Leben erzählen, aber das würde sicher etwas zu weit führen.
Eure Ballade "Burning Bridges" ist ja ein sehr melodisches Stück, woher nehmt ihr eure Ideen dazu?
Wie gerade erwähnt. Das Stück entstand als die langjährige Beziehung zu meiner ehemaligen Freundin in die Brüche ging. Es umschreibt ein wenig wie ich mich damals fühlte.
Heute haben wir uns vollständig aus den Augen verloren. Ich habe es sehr bedauert, dass viele Dinge im Nachhinein nicht mehr geklärt wurden. Ich hatte durch die Trennung viele neue Erkenntnisse und hätte sie ihr gerne mitgeteilt. Ich lebe dadurch heute viel glücklicher als vorher. Genau das hätte ich ihr eben auch gegönnt. Aber ich denke sie hat das Ganze als einen Versuch die Beziehung wieder aufleben zu lassen fehlinterpretiert. Ich hoffe es geht ihr heute gut. Gewidmet ist der Song jedoch meiner Frau, da ich durch Sie die Möglichkeit hatte das Vergangene mit dem notwendigen Abstand zu betrachten und zu beurteilen.
Auch "Headbangers Ball" und "The Trigger" sind mir als gute, Aussagekräftige Songs in Erinnerung geblieben. Erzähle mal ein wenig über diese beiden Lieder.
Hmmm…was soll ich dazu sagen? Also über „The Trigger“ habe ich bereits ausreichend erzählt denke ich.
Bei „Headbangers Ball“ hatte ich die Absicht einen neuen opener für unsere Konzerte zu schreiben. So wie seiner Zeit bei Dirty ´n Rough auf „Mirror Images“. Unter dem Strich ist es mir aber nicht gelungen. Der Song ist klasse finde ich, aber Dirty ´n Rough ist -vermutlich aus nostalgischen Gründen- zu einer persönlichen Hymne für uns geworden und jeder freut sich immer wieder tierisch auf diese Nummer. Also fast eine Art Maskottchen. Wir fangen alle unsere Konzerte noch immer mit dieser Nummer an. Das Intro dazu ist für uns so etwas wie der innere Countdown dazu jetzt alles zu geben….
Hast du einen Lieblingssong auf der Platte?
Nein, sondern viele (lacht)
Aber besonders stolz bin ich auf Burning Bridges.
Wer hat das aktuelle Cover gestaltet?
Ein Freund von mir den ich lange Zeit aus den Augen verloren hatte. Er heißt Thomas Pieper, macht beruflich Webdesign und ist künstlerisch sehr begabt. Ihr solltet mal auf seine Website gehen…
Witzig ist, dass wir uns seit 13 Jahren nicht mehr gesprochen oder gesehen haben. Ein Zufall, dass wir uns gerade jetzt wieder über den Weg gelaufen sind.
Wie würdest du das Album selbst beschreiben?
Zunächst einmal als super gelungen. Das klingt vielleicht etwas überheblich, ist aber so nicht gemeint. Es repräsentiert eine kleine musikalische Reise durch die lange Zeit die Steel Dawn bereits existiert. Wir sind mit 24 Songs in das Studio gegangen und haben -nach dem die Basics alle eingespielt waren- aufgrund mehrerer Kriterien die Songauswahl getroffen. Ich denke und hoffe, dass „(R)EXcuse me!“ ein Album geworden ist auf dem für viele etwas dabei ist das gefällt.
Und nun mal ein paar andere Sachen:
Haben deine Eltern versucht, dich vom Musikmachen abzubringen und dir einen bürgerlichen Weg schmackhaft zu machen?
Nein, keines Wegs. Ich komme eher aus einer musikalischen Familie. Allerdings bin ich ein wenig „Aus der Art geschlagen“. Es ist mir nie gelungen meinen Eltern oder auch meinen älteren Geschwistern den Unterschied zwischen „Musik“ und Metal begreiflich zu machen. Ich erinnere mich da an einen Spruch meines Bruders: „Komm erstmal in mein Alter, da verlierst Du schon Deine Flausen…!“. Da war er gerade mal 25 Jahre alt und ich 18…
Wer oder was hat dich dazu bewogen, Musik zu machen?
Also mir bietet die Musik Möglichkeiten mich dort auszudrücken wo Worte einfach versagen. Manche Gefühle lassen sich musikalisch innerhalb von 16 Takten einfacher und besser beschreiben als man es mit einem ganzen Buch je könnte
Habt ihr auch normale Jobs oder könnt ihr von der Musik leben?
Nein, wir leben noch nicht von der Musik, aber wir arbeiten daran…(lacht)
Jeder Musiker hat doch so eine Platte die ihn zum Musikmachen gebracht hat. Hattet ihr als Band irgendwelche konkreten Einflüsse?
Klar, wer hat die nicht! Aber als Band haben wir da schon stellenweise sehr unterschiedliche Einflüsse, so dass man das nicht so konkret sagen kann.
Ich für meinen Teil bin da eher konservativ. Pretty Maids, Warrant, Judas Priest, WASP, Dokken, Bonfire und die alten Bon Jovi Sachen haben mich damals mit Sicherheit sehr beeinflusst. Eigentlich ganz schön quer durch ´n Garten…
Was ist nach deiner Meinung die Hauptaussage von Heavy Metal und für was steht Metal für dich?
Ich hoffe, dass ich bereits rüber gebracht habe, dass der Metal mehr für mich mehr bedeutet als nur „Musik“. Für mich ist er eine Lebensphilosophie die mein gesamtes Leben auch dementsprechend beeinflusst hat.
Woran denkst du spontan, wenn man dich auf deine Kindheit anspricht?
An Freiheit, Urlaub und Abenteuer. Meine Eltern waren sehr freiheitsliebend und haben mich als Kind auch den Umständen entsprechend frei aufwachsen lassen. Heute in der Zeit der „Overprotection“ würde man die Hände über dem Kopf zusammenschlagen... aber ich bin dankbar dafür, dass es diesen Begriff damals noch nicht gab. Heute bekommen die Kinder kaum noch die Möglichkeit sich selbst zu entdecken weil man ihnen aus Sicherheitsgründen alles untersagt was Spaß macht.
Gesetzt den Fall, du müsstest eines der drei folgenden Dinge tun, für was würdest du dich entscheiden: für einen sozialen Zweck drei deiner Songs auf der Bühne rappen statt singen; Werbung für die neue Backstreet Boys-CD im Fernsehen machen; gemeinsam mit dem Papst einen Videoclip drehen?
Klingt alles sehr interessant. Da ich aber nicht rappen kann und Werbung nichts Besonderes ist, würde ich mich für den Papst entscheiden.
Bei welchem historischen Ereignis wärst du gern anwesend gewesen?
Bei der Entdeckung der Titanic. Ich habe mir schon als Kind Gedanken darüber gemacht wie man sie finden und bergen könnte. Klingt naiv, ist aber so.
Wo würdet ihr gerne mal auf Tour gehen?
Ganz klar: Japan. Das hatten wir damals vor und so ist es geblieben.
Bei welcher Band stehst du nicht als Musiker im Publikum, sondern als fanatischer Fan?
Puuuhh… das ist schon lange her. Fanatisch bin ich heute irgendwie nicht mehr. Das verliert sich wohl irgendwann. Aber ich würde sagen die Band die mich immer wieder aus den Socken gehoben hat war Judas Priest.
Was erwartest du für das kommende Jahr?
Gute Verkaufszahlen für „(R)EXcuse me!), ein weiteres Album und die Tournee in Japan…
Wird es eine Tour geben? Wenn ja: Was darf man sich davon erhoffen?
Ich denke das hängt unter anderem von den eben genanten Verkaufszahlen ab.
Wenn sich eine gute Chance für eine Tour bietet, werden wir nicht nein sagen. Aber es ist sicher noch zu früh um hier konkrete Aussagen zu treffen.
Lieber Live auf der Bühne stehen, oder im Studio arbeiten?
Beides. Im Studio kann man sich kreativ so richtig austoben. Die Bühne ist dann mehr wie Weihnachten. Da hofft man auch immer, dass das Geschenk das Du machst auch ankommt. Wenn ja, hat sich die Mühe gelohnt.
Findet Metal in den Medien, besonders im Fernsehen, zu wenig Beachtung?
Eindeutiges ja! Aber er ist nicht mehr weg zu denken. Auch wenn es manchen Instanzen sicher lieber wäre rudern doch viel zu viele Metal-Fans im Untergrund. Hier geht es eben ausnahmsweise mal nicht nur um Geld, sondern um Idealisten die an ihre Sache glauben. So wie Ihr Beispielsweise. Idealisten sind aber schwer zu steuern. Ich vermute, dass man deshalb die Medien gerne raus hält.
So, nun noch ein Satz, den du an alle richten willst. Dann hast du es geschafft!
Let There Be Rock!
Interview: Annika Modis
Fotos: Steel Dawn
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